DIE BAHN­HOFS­MIS­SI­ON — FÜR MEN­SCHEN IN NOT “EIN­FACH” DA

Philipp Spitczok
Phil­ipp Spit­c­zok 23.03.2021

Coro­na und sei­ne Aus­wir­kun­gen tref­fen uns alle hart, doch für not­lei­den­de Men­schen ist es beson­ders schwer. Seit mitt­ler­wei­le einem Jahr arbei­ten die über­wie­gend ehren­amt­lich enga­gier­ten Mitarbeiter_innen im „Coro­na-Modus“.

„Blei­ben Sie wenn mög­lich bit­te zuhau­se. Schrän­ken sie Ihre sozia­len Kon­tak­te auf das Nötigs­te ein.“ – wir erin­nern uns, der ers­te Lock­down. Öffent­li­che Ein­rich­tun­gen, Schu­len, Kin­der­gär­ten, Muse­en und Kinos wur­den „run­ter­ge­fah­ren“, aber auch Hilfs-Ein­rich­tun­gen wie Tafeln, Essens­an­ge­bo­te für arme oder woh­nungs­lo­se Men­schen, Klei­der­lä­den oder Tages­auf­ent­hal­te schlos­sen ihre Pforten. 
FSJ­le­rin neben gespen­de­ten Hygie­ne­ar­ti­keln Foto: Bahn­hofs­mis­si­on Freiburg
Nicht alle wirk­lich „frei­wil­lig“, vie­le muss­ten das tun, weil Ihnen plötz­lich die oft ehren­amt­li­chen Mitarbeiter_innen fehl­ten, die sich in dem Moment ver­nünf­ti­ger­wei­se zurück­ge­zo­gen hat­ten. Vie­le sozia­le Ein­rich­tun­gen der Daseins­für­sor­ge arbei­ten mit ehren­amt­li­chen Mitarbeiter_innen und eine gro­ße Zahl die­ser Men­schen ist im Ren­ten­al­ter. In der Bahn­hofs­mis­si­on in Frei­burg zeich­net sich seit eini­gen Jah­ren ein neu­er Trend ab, der uns in der Pan­de­mie zugu­te­kommt. Unser Ehren­amt hat sich stark ver­jüngt. Mitt­ler­wei­le sind in unse­rem Team von knapp 30 Mit­ar­bei­ten­den etwa zwei Drit­tel zwi­schen 19 und 30 Jah­ren jung. 

Sozia­le Arbeit geht nicht (gut) aus dem Homeoffice

Zu Beginn der Pan­de­mie haben auch wir gebangt, wie es wei­ter­ge­hen kann. Wür­den wir genug Hel­fen­de haben, die uns wei­ter­hin ehren­amt­lich unter­stüt­zen? Kön­nen wir die Hygie­ne- und Abstands­re­geln ein­hal­ten? Kön­nen wir uns und unse­re Gäs­te gut genug vor dem Virus schüt­zen? Vie­le gera­de der jun­gen Ehren­amt­li­chen waren wei­ter­hin hoch moti­viert und woll­ten uns wei­ter­hin unter­stüt­zen. Allen war klar: Die Men­schen brau­chen gera­de jetzt unse­re Hil­fe! Doch trotz­dem ent­schie­den wir im Lei­tungs­team uns bei der Arbeit auf sehr weni­ge Akti­ve zu beschrän­ken. Der Gedan­ke dahin­ter war klar: Je weni­ger Mit­ar­bei­ten­de sich infi­zie­ren kön­nen, des­to län­ger kön­nen wir für unse­re Gäs­te da sein. So wur­den „The Coro­na-Seven“ gebo­ren, denn wir merk­ten schnell, dass es wich­tig sein wür­de gra­de in die­ser Zeit den Humor nicht zu ver­lie­ren. Neben zwei Lei­tungs­ver­ant­wort­li­chen blie­ben auf eige­nen Wunsch zwei Frei­wil­li­ge im Sozia­len Jahr (FSJ), eine Stu­die­ren­de im Pra­xis­se­mes­ter von der Katho­li­schen Hoch­schu­le in Frei­burg, sowie zwei ehren­amt­lich Mit­ar­bei­ten­de „an Bord“. 

„So kön­nen wir bis heu­te nicht ganz ohne Stolz behaup­ten, dass wir kei­nen ein­zi­gen Tag wegen Coro­na geschlos­sen hatten.“

Wir haben zunächst unse­re Prä­senz­zei­ten mas­siv her­un­ter­ge­fah­ren und waren weit weni­ger als die Hälf­te der Zeit am Bahn­hof vor Ort. So konn­ten und kön­nen wir bis heu­te nicht ganz ohne Stolz behaup­ten, dass wir kei­nen ein­zi­gen Tag wegen Coro­na geschlos­sen hat­ten. Aber die Arbeit vor Ort hat sich sehr ver­än­dert: Waren wir vor Aus­bruch der Pan­de­mie neben Erst­an­lauf­stel­le, Not­ver­sor­gungs­stel­le und Wei­ter­ver­mitt­ler auch Auf­ent­halts­ort — „Café“ und „Wohn­zim­mer“ — und dabei nie­der­schwel­lig bera­tend tätig, fan­den wir uns nun vor allem in der Rol­le der Not­ver­sor­ger wie­der. Zwar gab es auch schon lan­ge vor der Pan­de­mie fest­ge­leg­te Zei­ten zur Not­ver­sor­gung mit Schmalz- und Mar­me­la­den­bro­ten, aber unser Fokus lag nicht dar­auf. Nun ver­sorg­ten wir die Gäs­te zusätz­lich zu unse­rem übli­chen Brot­an­ge­bot mit Lebens­mit­teln, Hygie­ne­ar­ti­keln und ande­ren nütz­li­chen Din­gen fürs Leben, die uns zum aller­größ­ten Teil aus der Bevöl­ke­rung gespen­det wur­den. Über­haupt erle­ben wir bis heu­te eine unglaub­lich gro­ße Soli­da­ri­tät, was sowohl Geld- und Sach­spen­den betrifft. Das ist toll und zeigt uns, dass wir auf dem rich­ti­gen Weg sind. 
War­te­schlan­ge bei der Essens­aus­ga­be Foto: Bahn­hofs­mis­si­on Freiburg

Arbeit unter ver­schärf­ten Bedingungen 

Die ers­ten Mona­te war kein Auf­ent­halt mehr bei uns mög­lich, zu klein unse­re Räum­lich­kei­ten für zu vie­le Men­schen, wir haben unse­re Gäs­te nur noch „To-Go“ und drau­ßen bedie­nen kön­nen. Dar­un­ter hat der Kon­takt zwi­schen dem Team und den Gäs­ten sehr gelit­ten, inten­si­ve­re Gesprä­che wur­den zur Aus­nah­me, es ging vor allem um aku­te Über­le­bens­hil­fe für unse­re oft woh­nungs­lo­sen, armen, ein­sa­men, aber auch Dro­gen­ab­hän­gi­gen Gäs­te. Lang­sam ver­su­chen wir nun wie­der in einen „Nor­mal­be­trieb“ zurück­zu­kom­men, wis­sen aber, dass noch ein lan­ger Weg vor uns liegt. Unse­re Gäs­te sind dank­bar für jeden Tag, an dem wir für sie da sind. Das macht uns glück­lich — trotz Coro­na #ein­fach­da.

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Kom­men­ta­re

3 Ant­wor­ten auf „Blog: Bei­trag: Bahn­hofs­mis­si­on Freiburg“ 

Vie­len Dank für die tol­le Arbeit, die tag­täg­lich in den Bahn­hofs­mis­sio­nen geleis­tet wird und den enga­gier­ten Ein­satz… ihr seid eben ein­fach da…

Schö­ner Bei­trag! Ich fin­de den Ein­satz der Bahn­hofs­mis­si­on wirk­lich bemer­kens­wert. Gro­ßen Respekt!

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