GUTE PFLE­GE IST MENSCHENRECHT!

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Deut­scher Cari­tas­ver­band e.V.
01.07.2021

Bes­se­re Arbeits­be­din­gun­gen in der Pfle­ge, ohne dass die Kos­ten für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge ins Uner­träg­li­che anwachsen? 

Der Deut­sche Cari­tas­ver­band for­dert zur Bun­des­tags­wahl 2021 wei­te­re Refor­men des Pfle­ge­sys­tems. Denn die bis­he­ri­gen Anpas­sun­gen rei­chen nicht aus, damit sich jeder gute Pfle­ge leis­ten kann und die Arbeits­be­din­gun­gen nach­hal­tig ver­bes­sert werden.

Pfle­ge muss bezahl­bar sein

Aktu­ell leben etwa 20 Pro­zent aller pfle­ge­be­dürf­ti­gen Men­schen in Ein­rich­tun­gen der sta­tio­nä­ren Alten­hil­fe. Die finan­zi­el­le Belas­tung für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge ist in den ver­gan­ge­nen Jah­ren stets gestie­gen und liegt inzwi­schen im Bun­des­durch­schnitt bei 2.068 Euro pro Monat. Dadurch wird Pfle­ge in sta­tio­nä­ren Ein­rich­tun­gen zuneh­mend zu einem Armutsrisiko.

Mit der soeben ver­ab­schie­de­ten Pfle­ge­re­form wird zwar ein Modell der stu­fen­wei­sen Redu­zie­rung der pfle­ge­be­ding­ten Kos­ten ein­ge­führt. Ab dem 4. Jahr erhal­ten Pfle­ge­be­dürf­ti­ge in voll­sta­tio­nä­rer Pfle­ge somit einen Zuschlag von 70 Pro­zent ihres Eigen­an­teils. Aller­dings ist zu befürch­ten, dass die zukünf­tig stei­gen­den Tari­fe und der geplan­te Per­so­nal­zu­wachs in den sta­tio­nä­ren Ein­rich­tun­gen teil­wei­se wie­der durch die Pfle­ge­be­dürf­ti­gen selbst gezahlt wer­den müssen.

Damit Pfle­ge auch lang­fris­tig für jeden bezahl­bar ist, for­dern wir des­halb von der künf­ti­gen Bundesregierung:

  • Die Kos­ten der medi­zi­ni­schen Behand­lungs­pfle­ge müs­sen in vol­ler Höhe von den Kran­ken­kas­sen über­nom­men wer­den. Denn die medi­zi­ni­sche Behand­lungs­pfle­ge macht einen wesent­li­chen Anteil an den pfle­ge­be­ding­ten Kos­ten aus.
  • Mit Blick auf die Refi­nan­zie­rung der Inves­ti­ti­ons­kos­ten sind zudem die Bun­des­län­der gefor­dert. Die meis­ten Bun­des­län­der haben sich in den letz­ten Jah­ren aus der För­de­rung der Inves­ti­ti­ons­kos­ten zurück­ge­zo­gen, so dass auch bei die­sen Auf­wen­dun­gen die Belas­tung der Pfle­ge­be­dürf­ti­gen erheb­lich gestie­gen ist.
  • Unter län­ger­fris­ti­ger Per­spek­ti­ve soll­te die Pfle­ge­ver­si­che­rung zu einer ech­ten Teil­kas­ko­ver­si­che­rung wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den, so dass der Kos­ten­an­teil, den die pfle­ge­be­dürf­ti­gen Men­schen selbst zu tra­gen haben, klar begrenzt wird.
  • Finan­zi­ell gestärkt wer­den kann die Pfle­ge­ver­si­che­rung durch eine ein­heit­li­che Ver­si­che­rungs­pflicht für die gesam­te Bevöl­ke­rung, also sowohl für gesetz­lich als auch für pri­vat Versicherte.
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In den ver­gan­ge­nen Jah­ren sind die Pfle­ge­kos­ten immer wie­der gestie­gen. Wie kann das sein, wenn es doch eine Pfle­ge­ver­si­che­rung gibt? Wer bezahlt eigent­lich für Pfle­ge? Und wie kom­men die Kos­ten zusam­men? Unser Video gibt die wich­tigs­ten Antworten.

Arbeits­be­din­gun­gen in der Pfle­ge verbessern

Immer mehr Pfle­ge­be­dürf­ti­ge wer­den von immer weni­ger Pfle­ge­kräf­ten gepflegt. Dafür steht auch der Begriff „Pfle­ge­not­stand“, der sich inzwi­schen zu einem Dau­er­zu­stand ver­fes­tigt hat. Die Ursa­chen hier­für lie­gen zu einem gro­ßen Teil in den Arbeitsbedingungen.

So ver­stärkt sich der ekla­tan­te Man­gel an Per­so­nal gewis­ser­ma­ßen selbst: Da Pfle­ge auf­grund des Per­so­nal­man­gels oft unter hohem Zeit­druck und hoher kör­per­li­cher und psy­chi­scher Belas­tung geleis­tet wer­den muss, ver­las­sen vie­le Pfle­ge­kräf­te ihren Beruf oder müs­sen ihn auf­grund gesund­heit­li­cher Ein­schrän­kun­gen vor­zei­tig auf­ge­ben. Eine Ent­las­tung des vor­han­de­nen Per­so­nals durch Neu­ein­stel­lun­gen ist jedoch auf­grund der der­zei­ti­gen Arbeits­mark­si­tua­ti­on nicht zu errei­chen. Nach Anga­ben der Bun­des­agen­tur für Arbeit (BA) kom­men aktu­ell auf 12.800 offe­ne Stel­len für Fach­kräf­te in der Alten­pfle­ge ledig­lich 3.600 Arbeitslose.

Eine wei­te­re Ursa­che des Per­so­nal­man­gels ist die Bezah­lung in der Pfle­ge: Bei Trä­gern, die im Gegen­satz zur Cari­tas nicht nach Tarif­lohn zah­len, sind die Gehäl­ter oft deut­lich zu nied­rig und ent­spre­chen nicht den anspruchs­vol­len und for­dern­den Arbeitsbedingungen.

Um die Arbeits­be­din­gun­gen in der Pfle­ge zu ver­bes­sern, for­dern wir des­halb von der künf­ti­gen Bundesregierung:

  • Es braucht Maß­nah­men, die direkt beim Pfle­ge­per­so­nal ankom­men. Eine davon ist sicher die Ver­bes­se­rung der Bezah­lung. Noch wich­ti­ger aber ist, die Attrak­ti­vi­tät des Pfle­ge­be­ru­fes auch unter län­ger­fris­ti­ger Per­spek­ti­ve zu stei­gern und zu einer Ent­span­nung der Per­so­nal­si­tua­ti­on beizutragen.
  • Um den Beruf attrak­ti­ver zu machen müs­sen die Kom­pe­ten­zen der Pfle­ge­fach­kräf­te erwei­tert wer­den. Schon heu­te könn­ten Pfle­ge­fach­kräf­te ent­spre­chend ihrer Aus­bil­dung wesent­lich mehr Tätig­kei­ten aus­üben als ihnen im Wege der Dele­ga­ti­on erlaubt ist. Es braucht des­halb einen gesetz­li­chen Rah­men, um die Kom­pe­ten­zen von Pfle­ge­fach­kräf­ten bis hin zur eigen­ver­ant­wort­li­chen Aus­übung von Heil­kun­de zu erweitern.
  • Die Pfle­ge lei­det unter einer über­bor­den­den Büro­kra­tie. Digi­ta­li­sie­rung könn­te hel­fen, Res­sour­cen zu scho­nen und Pro­zes­se zum Wohl der Patient_innen zu beschleunigen.
  • Zen­tral ist außer­dem die kon­se­quen­te Durch­füh­rung der ver­ein­bar­ten Umset­zungs­schrit­te zur Ein­füh­rung eines Per­so­nal­be­mes­sungs­ver­fah­rens für voll­sta­tio­nä­re Pflegeeinrichtungen.

Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge stärken

Nach Anga­ben des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes waren in Deutsch­land im Jah­re 2019 mehr als 4 Mil­lio­nen Men­schen pfle­ge­be­dürf­tig im Sin­ne des Pfle­ge­ver­si­che­rungs­ge­set­zes. Von den 3,31 Mil­lio­nen Pfle­ge­be­dürf­ti­gen, die zu Hau­se leben, wur­den laut Desta­tis 2,33 Mil­lio­nen über­wie­gend durch Ange­hö­ri­ge gepflegt. Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge sind damit „Deutsch­lands größ­ter Pflegedienst“.

Ein Groß­teil der pfle­gen­den Ange­hö­ri­gen ist älter als 65 Jah­re und gehört damit der glei­chen Gene­ra­ti­on wie die Pfle­ge­be­dürf­ti­gen an. Die­se Pfle­gen­den haben ein beson­ders hohes Risi­ko, durch die kör­per­li­chen und psy­chi­schen Belas­tun­gen ihrer Pfle­ge­tä­tig­keit zu erkran­ken oder selbst pfle­ge­be­dürf­tig zu wer­den. Doch auch jün­ge­re pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge brau­chen umfang­rei­che Unter­stüt­zung, um den enor­men Anfor­de­run­gen der häus­li­chen Pfle­ge­si­tua­ti­on gerecht wer­den zu kön­nen. Durch die Pfle­ge und ihre eige­ne Berufs­tä­tig­keit sind sie in vie­len Fäl­len zudem dop­pelt belas­tet. Dar­über hin­aus ist finan­zi­el­le Unter­stüt­zung erfor­der­lich, wenn der eige­ne Beruf zuguns­ten der Pfle­ge­tä­tig­keit zurücktritt.

Pfle­ge­tä­tig­keit darf kein Armuts­ri­si­ko sein. Des­halb for­dern wir von der künf­ti­gen Bundesregierung:

  • Ent­las­tungs­mög­lich­kei­ten für pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge wie Kurz­zeit­pfle­ge, Ver­hin­de­rungs­pfle­ge, Tages- und Nacht­pfle­ge und Ange­bo­te zur Unter­stüt­zung im All­tag müs­sen sich am indi­vi­du­el­len Bedarf ori­en­tie­ren. Die zahl­rei­chen Leis­tun­gen der häus­li­chen Pfle­ge müs­sen dafür trans­pa­ren­ter gestal­tet und bes­ser kom­bi­nier­bar sein, sowie fle­xi­bel und pass­ge­nau in Anspruch genom­men wer­den kön­nen. Mög­lich wäre dies im Rah­men eines Ent­las­tungs­bud­gets, wel­ches die unter­schied­li­chen Ent­las­tungs­leis­tun­gen zu einem Bud­get zusammenfasst.
  • Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge brau­chen Anspruch auf eine Pfle­ge­be­ra­tung, ana­log zum Anspruch von Pfle­ge­be­dürf­ti­gen auf Pfle­ge­be­ra­tung, der bereits gesetz­lich gere­gelt ist.
  • Die Pfle­ge­kas­sen müs­sen einen flä­chen­de­cken­den, nied­rig­schwel­li­gen Zugang zu Kurs­an­ge­bo­ten und Schu­lun­gen für pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge sicherstellen.
  • Ana­log zum Eltern­geld braucht es eine Lohn­er­satz­leis­tung für pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge, um die finan­zi­el­len Nach­tei­le aus­zu­glei­chen. Die zusätz­li­chen finan­zi­el­len Belas­tun­gen von pfle­gen­den Ange­hö­ri­gen müs­sen zudem redu­ziert wer­den. Pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge dür­fen bei­spiels­wei­se kei­ne Nach­tei­le bei der Ren­te erleiden.
  • Live-in-Unter­stüt­zungs­kräf­te (etwa aus Mit­tel- und Süd­ost­eu­ro­pa) brau­chen eben­falls gute Arbeits­be­din­gun­gen. Um das zu gewähr­leis­ten, müs­sen Model­le für häus­li­che Betreu­ung unter Berück­sich­ti­gung gel­ten­den Rechts ent­wi­ckelt und als refi­nan­zier­ba­re Unter­stüt­zungs­an­ge­bo­te geför­dert wer­den. Bei­spiel­haft ist hier­für das Modell „Carifair“ des Diö­ze­san-Cari­tas­ver­bands Paderborn.

Wei­te­re For­de­run­gen der Caritas

Die Cari­tas setzt sich zur Bun­des­tags­wahl 2021 dar­über hin­aus für eine Stär­kung des sozia­len Net­zes und für einen sozi­al gerech­ten Kli­ma­schutz ein. Einen Über­blick über unse­re For­de­run­gen fin­den sie unter “WIR FORDERN”.

Sie inter­esssie­ren sich für wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen zu unse­ren For­de­run­gen oder möch­ten über die The­men ins Gespräch kom­men? Hier fin­den Sie unser aus­führ­li­ches sozi­al­po­li­ti­sches Hin­ter­grund­pa­pier als PDF-Down­load.

Fra­gen Sie Ihre Kandidat_innen vor Ort

Am 26.09. ist Bun­des­tags­wahl – eine Ent­schei­dung mit enor­mer Trag­wei­te. Denn nach der Pan­de­mie müs­sen wir die rich­ti­gen Wei­chen in die Zukunft stellen.
 
Nut­zen Sie unse­re E‑Mail-Vor­la­ge, um die Kan­di­die­ren­den in Ihrem Wahl­kreis nach Ihrer Posi­ti­on zu fra­gen. So erfah­ren Sie, wel­che Plä­ne unse­re Politiker_innen für die nächs­te Legis­la­tur­pe­ri­ode haben.

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3 Ant­wor­ten auf „Blog: Bei­trag: Sozi­al­po­li­ti­sche For­de­run­gen “Pfle­ge”“

Wich­ti­ge und rich­ti­ge Punk­te! Lei­der ver­hin­der­te die Cari­tas im Ver­bund mit Dia­ko­nie und Jens Spahn, dass zumin­dest die Bezah­lung der Pfle­ge­kräf­te, die nicht zum Cari­tas­ta­rif arbei­ten, ver­bes­sert wurde.

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