Dr. Kai Unzicker
27.04.2021
Es ist gar nicht so einfach zu sagen, was gesellschaftlicher Zusammenhalt genau ist. In meiner Arbeit definiere ich Zusammenhalt anhand von drei Bestandteilen.
Ernüchternd ist der Blick auf das Gerechtigkeitsempfinden. Es ist seit Jahren sehr gering ausgeprägt und eine große Mehrheit der Deutschen hat den Eindruck, aus ganz unterschiedlichen Gründen, vom gemeinschaftlichen Kuchen keinen fairen Anteil abzubekommen. Hier gab es zuletzt von 2017 zu 2020 zwar sogar einen leichten Anstieg, d.h. ein etwas größerer Anteil empfindet die gesellschaftlichen Bedingungen inzwischen als gerechter, aber immer noch ist eine überwältigende Mehrheit unserer Befragten der Meinung, diese wären ungerecht.
Trotz dieser drei „Baustellen“ – Akzeptanz von Vielfalt, Institutionenvertrauen und Gerechtigkeitsempfinden – ist der gesellschaftliche Zusammenhalt im Durchschnitt in Deutschland aber durchaus stabil. Jedoch haben zwei unserer Studien aus dem letzten Jahr deutliche Hinweise darauf gegeben, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen in diesen Zusammenhalt mit eingebunden sind. In einer Studie zum Zusammenhalt in Baden-Württemberg zeigte sich, dass insbesondere chronisch Kranke, Menschen mit Migrationshintergrund, ärmere Menschen, Alleinerziehende und generell Frauen einen geringeren Zusammenhalt erleben. Eine Analyse für Gesamtdeutschland bestätigt dies insbesondere für Menschen mit geringer formaler Bildung und niedrigem Haushaltseinkommen.