Carmen Gräf
18.01.2022
“Ich war mal ein Rock, jetzt bin ich ein Hut”, steht auf einem Zettel an einem kessen weiß-schwarzen Hütchen, das an ein Dalmatiner-Fell erinnert. Im youngcaritas-Laden “caridoo” bekommen Kleidungsstücke und Stoffreste eine zweite Chance. Der Name des Upcycling-Projekts „vergissmeinnicht“ will verdeutlichen, dass man Dinge nicht links liegen lassen soll, nur weil sie einen kleinen Schönheitsfehler haben, etwa ein kleines Loch oder einen losen Saum. “Die Sachen sollen nicht vergessen und verschrottet werden — im schlimmsten Fall in irgendwelchen Müllverbrennungsanlagen”, sagt Elena Weber.
Die Studentin ist 23 Jahre alt und engagiert sich ehrenamtlich bei “vergissmeinnicht.” Sie betreut Nähgruppen, in denen neue Sachen entstehen: Taschen, Kissen, Patchworkdecken, Kuscheltiere, Schürzen oder ein „Utensilo“. Das besteht aus lauter zusammengenähten Jeans-Hosentaschen und bietet Platz für Bürokrimskrams oder Kosmetikartikel.
“Ein cooles Teil” nennt Elena Weber ein Täschchen mit Jeansstreifen, die auf einen bunten Stoff aufgenäht wurden. Die Sachen sehen gut aus und würden sich in jedem Berliner Lifestyle-Laden verkaufen. Die Renner waren bisher die “Rucksakkos”: Sportrucksäcke aus alten Sakkos. “Derzeit sind gerade Bauchtaschen und Kosmetiktaschen angesagt”, erzählt Elena Weber.
Der Verkaufserlös geht an soziale Projekt der Caritas. Für Elena Weber ein sehr sinnvoller Akt praktizierter Nächstenliebe. “Das ist für mich ein universeller Begriff, der nicht unbedingt direkt etwas mit Kirche zu tun hat.” Nächstenliebe sei für sie wichtig als Zeichen sozialer Verantwortung. “Ich bin sehr privilegiert aufgewachsen und finde es toll, davon etwas an die Gesellschaft zurückgeben zu können”, sagt die Studentin. “Mit meiner kreativen Arbeit unterstütze ich Menschen, die weniger privilegiert sind als ich.”
Die Kundschaft im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg weiß Selbstgemachtes und nachhaltig Hergestelltes zu schätzen. Denn Upcycling und Do-it-yourself werden immer beliebter, nicht nur hier im hippen Stadtteil, in dem der Laden „caridoo“ liegt. “Wenn man Dinge selbst macht, steckt man Mühe und Liebe rein und erinnert sich an jeden Schritt im Herstellungsprozess”, betont Elena Weber. “So wird ein Produkt etwas ganz Besonderes. Wenn man auch noch alten Sachen ein neues Leben geben kann, ist das doppelt toll.”
Auf diesen Prozess warten in den Regalen noch viele Stoffreste, Jackets und Knöpfe. Es sind lauter Spenden, die zum Teil aus Kleiderkammern stammen. “Sogar unsere Nähmaschinen wurden gespendet”, erzählt Elena Weber. “Deshalb haben manche auch leichte Macken, aber damit kommen wir klar.”
Schon mit neun Jahren ließ sie sich von ihrer Großmutter das Nähen beibringen. “Und es macht mir immer noch großen Spaß”, sagt sie. “Am tollsten finde ich bisher meine Bauchtasche, an der ich gerade arbeite. Außen hat sie einen Sakko-Stoff, innen einen glitzernden, glamourösen schwarzen Stoff sowie eine Handytasche aus Sakko-Stoff.”
Dann holt sie eine rechteckige Kosmetiktasche hervor, die unverkennbar aus Sakko-Stoff entstanden ist. “Diese Taschen haben wir für ‘Evas Obdach’ gemacht.” Das ist eine Unterkunft für Notübernachtung des Sozialdienstes Katholischer Frauen in Berlin. “Das war richtig cool”, erzählt sie, “wir haben den Fashion Revolution Day dafür ausgewählt.” Der wird weltweit jedes Jahr am 24. April begangen. An diesem Tag stürzte 2013 die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ein und tötete 1135 Menschen. Der Fashion Revolution Day soll daran erinnern, unseren Modekonsum zu hinterfragen.
Auch dieses Erinnern ist für Elena Weber ein unbedingter Akt der Nächstenliebe. “Wir haben uns dafür online getroffen, da es mitten in der Pandemie war.” So konnten auch Näherinnen — die allermeisten sind Frauen — aus München und Frankfurt dabei sein. Das Upcycling-Team aus Berlin fertigte die Schnitte an, verschickte diese und erhielt von den Teilnehmerinnen die fertigen Kosmetiktaschen. “Die kamen super an bei den Frauen von Evas Obdach”, berichtet Elena Weber, “auch weil jede Tasche ein Unikat ist.”
Sie werden vermutlich nicht mit Lippenstift und Make-Up, sondern mit Deos, Duschgels und Handcremes befüllt. Wichtig sei vor allem, dass die Taschen einen Henkel zum Aufhängen hätten. Praktisch für die obdachlosen Frauen, die sie dann auch in den verschiedenen Duschmobilen der Stadt oder in öffentlichen Toiletten benutzen könnten. Es wird vermutlich nicht das letzte Projekt für Evas Obdach gewesen sein. Die Arbeit der Upcycling-Frauen stößt dort auf große Resonanz.
Wenn Elena Weber das erzählt, strahlt sie übers ganze Gesicht. Nächstenliebe hat für sie und ihr Upcycling-Team ein ganz konkretes Ziel: “Wir versuchen die Welt ein Stück weit besser zu machen.”
Lust, bei youngcaritas in Berlin oder beim Upcycling-Projekt “vergissmeinnicht” selbst mitzumachen? Melden Sie sich einfach per Mail an youngcaritas@caritas-berlin.de.
4 Antworten auf „Nächstenliebe: Elena Weber“
Super und weiterhin viel Erfolg und Freude beim Nähen!!!❤️🌼😊
SAH C’EST TROP BIEN JE CONSEILLE CETTE ASSOCIATION
Mich freut es sehr, dass das Engagement immer weiter geht. Lieben Dank an Elena Weber und Alle, die das Projekt am Leben erhalten und die tollen Ideen einbringen.
HALLO BIN ICH ANGESTELT SEIT 2 JAHRE „ICH MACH MEINE AUSBILDUNG IM CARITAS LIMBURGERHOF UND BIN ICH SEHR ZUFRIEDEN „,DANKE DIR CARITAS ‚LIEBE GRUSSE JENNY GHEBENEI